Siemens: Vorstandsvorsitzender springt als Pressesprecher ein und schädigt eigene Reputation
Einen guten Ruf aufzubauen dauert lange; einen schlechten Eindruck kann man hingegen sehr schnell hinterlassen. Beim Technologiekonzern Siemens reicht gerade eine Personalmeldung dafür aus. Am ersten Februar teilt die Siemens AG fast beiläufig mit, dass sie von März an einen neuen Pressesprecher hat: Konzern-CEO Joe Kaeser übernimmt das Amt (kommissarisch) selbst. Der bisherige Pressesprecher Stephan Heimbach scheidet zum 1. März aus, weil er sich „andere Schwerpunkte setzen“ möchte, und er freue sich „auf Freiraum dafür und mehr unternehmerische Selbständigkeit“.
Während Letzteres eher schwammig ist, liegt das Dynamit zwischen den Zeilen. Wenn ein so großer, führender Konzern sich (auf wessen Initiative auch immer) innerhalb nur eines Monats von seinem obersten Kommunikator trennt und auch keinen Nachfolger benennen kann, zeigt das: In der Führungsriege herrscht Planlosigkeit. Und das nicht erst seit gestern: 2013 sollte der langjährige Kommunikationschef Heimbach schon einmal von Kaesers Vorgänger Peter Löscher kaltgestellt werden. Doch stattdessen ging Löscher, Kaeser kam – und machte eine Rolle rückwärts, Heimbach leitete die Konzernkommunikation weiter. Erstmal.
Denn jetzt geht der Schlingerkurs wieder in die Gegenrichtung. Kaeser hat anscheinend 2013 die falsche Richtung eingeschlagen, macht jetzt hektische Lenkbewegungen, die zum Aufschaukeln führen – und hat keinen „Plan B“ vorbereitet. Damit stellt sich Kaeser in ein schlechtes Licht, das an seinen Führungsqualitäten zweifeln lässt. Und ein Schaden für die Reputation seines CEO ist ein Schaden an der Reputation des Unternehmens. Kaeser bräuchte jetzt einen guten (und hauptamtlichen) Kommunikator, um das wieder gerade zu biegen. Schade, dass genau das gerade fehlt.
Derweil, bei Mediengau: Wie viel Gefühl braucht die Krisenkommunikation? Dieser Frage geht Florian Hering in Emotionalität – eine Königsdisziplin der Krisenkommunikation nach.