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Hundepfeifen für Aluhüte

Traditionsclub schießt sich mit Corona-Verschwörungsquatsch ins Abseits

Wo früher Größen wie David Bowie, INXS, Die Ärzte und die Red Hot Chili Peppers die Bühne rockten, geht im Moment gar nichts mehr: So wie die ganze Kulturszene kämpft auch das Docks auf dem Hamburger Kiez unweit des Faktenkontors mit den wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie und den damit einhergehenden Lockdown-Regeln. Der Musikclub ist seit den 80er Jahren eine Institution auf dem Hamburger Kiez und kämpft jetzt mit den herben Umsatzausfällen. Mitten in der Krise leistet sich die Geschäftsführerin des Docks nun einen Ausfall, der viele Kunden wohl auch nach der Pandemie einen weiten Bogen um das Etablissement machen lassen wird.

Stein des Anstoßes: Eine „Corona-Wandzeitung“. Das Angebot der Docks-Chefin auf Facebook: Für 20 Euro kann jeder seine „Alternative Meinung“ zu Corona und „über die Gefährlichkeit als auch über die Angemessenheit der Maßnahmen“ vier Wochen lang als Poster am Eingangsbereich des Docks aufhängen lassen.  Denn darüber werde „in den Mainstream Medien sehr einseitig berichtet“. Ziel sei „eine Anregung der Diskussion“ und „eine Relativierung der Informationen“ (!).

Gepflastert wurde die Wand mit dem üblichen Verschwörungsquark, wie „Das Lügen-Theater des Jahrtausends: Corona 2020“, Covid-19 sei gar nicht so schlimm und nur Angstmache, die WHO verschwört sich mit der Pharma-Industrie…

Als dann der erwartbare und wohlverdiente Shitstorm einsetzt, in dem nicht nur Partygänger ankündigen, künftig das Docks zu meiden, sondern auch Mitarbeiter von Musik-Labels und Promoter, entschuldigt sich die Docks-Wirtin. Macht damit aber alles nur noch schlimmer, denn es wird eine der oft probierten und nie funktionierenden Non-apologyapologies: Sie entschuldigt sich lediglich dafür, die vor allem von Nazis und Verschwörungstheoretikern belegten Begriffe „Mainstream-Medien“ und „Alternative Meinungen“ verwendet zu haben – aber nicht dafür, deren Positionen durch die Verbreitung nicht nur abstruser, sondern auch gefährlicher Falschinformationen, zu befördern.

Was die Club-Chefin hier macht, trägt einen Namen: Dog-whistling. Sie verwendet gezielt Begriffe, die oberflächlich betrachtet unverfänglich wirken (sollen), von einer bestimmten Zielgruppe mit dem entsprechenden Gehör dafür aber mit einer klaren Botschaft verbunden sind. Darauf kritisch angesprochen, kann sich der Dog-whistler immer darauf zurückziehen, es so doch gar nicht gemeint zu haben. Corona-Leugner werden den Aufruf klar verstehen als: „Die Lügenpresse erzählt uns nicht die Wahrheit, die Pandemie ist nur eine vorgeschobene Ausrede, um mit den Maßnahmen dagegen andere Ziele zu erreichen!“ Nachdem die Botschaft ihre Zielgruppe erreicht hat, kann man dann von einem Missverständnis sprechen – denn schließlich steht da ja nicht Lügenpresse, sondern „Mainstream-Media“, und man spricht ja nicht von Fakten, sondern von „Alternativen Meinungen“…

Nicht von der Hundepfeife täuschen ließ sich das Clubkombinat Hamburg, ein Interessenverband der Hamburger Club-, Party- und Kulturereignisschaffenden. Dort fungierte die Docks-Leiterin bisher als erste Vorsitzende. Doch der Vorstand des Vereins erkannte die Gefahr für die Reputation des Verbands, zeigte klare Kante und enthob sie umgehend ihres Amtes – mit der richtigen Begründung:

„Die inhaltliche Aussage und das gewählte Vokabular ist populistischer Natur und wird von den rechten Rändern unserer Gesellschaft in Beschlag genommen. Dieses ist mit den Werten und der Arbeit unseres Verbandes nicht vereinbar.“

Eine notwendige Reaktion, denn bei einem solchen Fehlverhalten an der Spitze kann nur ein radikaler Schnitt die Reputation der Organisation bewahren.

 

Roland Heintze
www.reputationzweinull.de

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Roland Heintze
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