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Leistung sticht Luftschloss

Milliarden-Pleite ruiniert Reputation einer ganzen Branche: Lehren für das Reputationsmanagement aus dem FTX-Bankrott

„Betrug an Kunden und Kreditgebern“ und „Verschwörung zur Geldwäsche“ sind nur einige der Anklagepunkte, denen sich der vergangene Woche auf den Bahamas verhaftete Ex-CEO Sam Bankman-Fried gegenübersieht. Nur einen Monat zuvor ging seine Krypto-Börse FTX krachend bankrott. Die an den Wirecard-Skandal erinnernden Details füllen bereits eine eigene Wikipedia-Seite. Sie umfassen Milliarden veruntreuter Kundengelder, einen erschütterten Markt, ausgehebelte Sicherheitsmechanismen, eine „complete failure of corporate controls“, ignorierte „Red Flags“ und geblendete Investoren.

Aus der kurzen Phase zwischen Insolvenz und Verhaftung fiel mir ein Detail besonders ins Auge. Weil es exemplarisch für ein grundlegendes Missverständnis im Reputationsmanagement steht, dem offensichtlich auch der FTX-Gründer unterlag. Bankman-Fried suchte in diesen verbleibenden Tagen in Freiheit offensiv die Öffentlichkeit. Versuchte – wenig überzeugend – das Bild eines zwar reuigen, aber keinesfalls kriminellen, sondern lediglich unbedarften und überforderten CEOs zu erwecken.

Dazu lies er sich auch auf ein recht ausführliches, nächtliches Twitter-Interview mit der von seiner spontanen Auskunftsfreude durchaus überraschten Vox-Redakteurin Kelsey Piper ein. Vor der Pleite hatte sich Bankman-Fried stets als selbstlosen Philanthropen inszeniert, als benevolenten Milliardär, „einer von den Guten“. Betonte gegenüber Piper in einem früheren Interview, wie wichtig es für ihn sei, mit einem Unternehmen Gutes zu tun, nicht Schaden anzurichten. Deshalb bohrt sie jetzt vor allem in Sachen Werte und Ethik nach. Und Bankman-Fried scheint kurz etwas Ehrlichkeit herauszurutschen:

Das sei tatsächlich alles nicht wahr – er hätte „dummen Scheiß“ geredet. Sein Ethik-Gefasel sei im Wesentlichen bloß eine Fassade gewesen. Aber er hätte es tun müssen – das täte schließlich „jeder“. So würden Reputationen gemacht – Realitäten spielten für die Wahrnehmung keine Rolle.

Und es ist der letzte Punkt in dem er komplett falsch liegt. Womit er nicht allein ist – erst kürzlich haben wir hier wieder gesehen, dass es noch nicht alle verstanden haben:

Verantwortungsvolle, ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltige Unternehmensführung ist weder eine hohle Phrase noch eine optionale Dekoration. Sondern Grundlage der gesellschaftlichen „Licence to Operate.“ Wer hier mehr behauptet als leistet, Blendwerk statt Belastbares bietet, wird keine dauerhaft gute Reputation aufbauen können – sondern sie vor die Wand fahren. Denn Grundlage einer guten Reputation sind gutes Verhalten und eine gute Leistung, die gut kommuniziert werden.

Sippenhaft im Kryptoland

Bankman-Fried hat mit seinem Verhalten nicht nur seine eigene Firma, Vermögen und Reputation pulverisiert – sondern gleich den Ruf der ganzen Kryptobranche in Mitleidenschaft gezogen. So realisiert sich jetzt zum Beispiel für Coinbase das externe Reputationsrisiko, das hier Thema im Zuge des Börsengangs der Krypto-Börse war: Auch Unternehmen mit einem fünffach vorbildlichen Reputationsmanagement laufen Gefahr eines Rufschadens (und seiner wirtschaftlichen Folgen), wenn sie in einem Markt agieren, der insgesamt eine zweifelhafte oder volatile Reputation genießt.

In der Krisenkommunikation zeigt die Krypto-Börse dabei abermals vorbildliches Reputationsmanagement: Coinbase machte seine eigenen bei FTX eingelegten Summen und ihre (beschränkte) Bedeutung für die eigene Bilanz zeitnah transparent öffentlich. Und grenzt sich mit in diesem Zusammenhang angemessener Deutlichkeit von FTX ab – nicht nur formal, sondern sachlich begründet.

Den Kurssturz auf ein Rekordtief konnte Coinbase so zwar nicht abwenden – aber in Zeiten, in denen andere Marktteilnehmer im Sog der FTX-Pleite selbst Insolvenz anmelden müssen, ist das eines der besseren Ergebnisse. Und erste Analysten empfehlen die Coinbase-Aktie inzwischen zumindest „nervenstarken“ Anlegern schon wieder zum Kauf.

Daher: Wenn Sie möchten, dass Ihre Firma in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf die Vorteile einer robusten Reputation zurückgreifen und Folgen abfedern kann, bauen sie kein Image aus Luftschlössern auf. Sondern zahlen Sie mit guter Leistung und Kommunikation auf ihr Reputationskonto ein!

Roland Heintze
www.reputationzweinull.de

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Credits Beitragsbild: André François McKenzie auf Unsplash

Roland Heintze
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