Bierflasche aus Pappe: Garantierter Boost für die Reputation der Carlsberg-Brauerei?
Große Nachhaltigkeitsinitiative bei Carlsberg: Der dänische Brauerei-Konzern hat angekündigt, im kommenden Jahr eine Bierflasche aus Pappe auf den Markt zu bringen. Die mit einem neuartigen Verfahren produzierte Flasche soll bei der Herstellung besonders wenig Energie verbrauchen, aus nachwachsenden Rohstoffen bestehen und komplett biologisch abbaubar sein, inklusive Beschichtung und Verschluss.
Wenn das Projekt gelingt, könnte das ein großes Plus für die Reputation des Mutterkonzerns von Holsten und Astra bedeuten.
Ein Selbstgänger ist das aber nicht. Um zu erkennen, von welchen Knackpunkten der Erfolg der Papp-Flasche im Hinblick auf die Reputation von Carlsberg abhängt, hilft ein Blick in den Artikel „Geschäfte mit gutem Gewissen“ aus unserem neuen Harvard-Business-Manager-Sonderdruck „Reputation von CEOs“. Omar Rodríguez-Vilá, Marketingprofessor am Georgia Institute of Technology und Sundar Bharadwaj, Professor für Marketing am Terry College of Business der University of Georgia legen darin Kriterien vor, anhand derer Unternehmen erkennen können, welche sozialen und ökologischen Projekte zur ihren Marken passen. Die wichtigsten:
Kein Greenwashing!
Der gewünschte Schub für die Reputation kann sich nur einstellen, wenn die Pappflasche tatsächlich die angekündigten hohen Erwartungen in puncto Nachhaltigkeit erfüllen kann. Sollten sich diese als leere Versprechungen entpuppen, würde das Projekt zu einem Desaster für die Reputation von Carlsberg werden.
Der gute Zweck muss zur Marke passen
Bei der Projektauswahl ist wichtig, dass das Engagement in einem sozialen oder ökologischen Problemfeld erfolgt, in dem das Unternehmen mit seiner Expertise und seinen speziellen Ressourcen tatsächlich einen sinnvollen Beitrag zur Lösung leisten kann. (Vorbildlich ist in dieser Hinsicht zum Beispiel das Disaster Response Team der Deutsche Post DHL Group, das sich bei Katastropheneinsätzen um die Logistik von Hilfsgüterlieferungen kümmert). Außerdem muss es im Einklang mit der eigenen Markenbotschaft stehen.
In dieser Hinsicht hat Carlsberg eine gute Wahl getroffen: Verpackungsmüll, darunter insbesondere Getränkedosen und Einweg-Plastikflaschen, ist ein aktuelles und schwerwiegendes Umweltproblem, auf das Carlsberg als viergrößte Brauerei der Welt einen erheblichen Einfluss hat. Den ökologischen Fußabdruck in diesem Bereich zu minimieren, steht im Einklang mit Carlsbergs Claim „We are brewing for a better today and tomorrow.“
Akzeptanz der Stakeholder
Letztendlich hängt der Erfolg der Pappflasche vor allem von den Kunden ab. Wie wichtig ist ihnen eine vorbildliche Ökobilanz bei der Kaufentscheidung für ein Bier? Und vor allem: Wird ihnen die Pappflasche den gleichen „Trinkgenuss“ bieten wie herkömmliche Verpackungen? Wenn nicht, droht ein ähnlicher Flop wie bei den kompostierbaren Chipstüten der Marke „Sun Chips“. Diese waren tatsächlich umweltfreundlicher als Verpackungen aus herkömmlichen Verbundstoffen. Aber sie raschelten so laut, dass Kunden das Produkt verspotteten und ablehnten und der Hersteller die Bio-Tüten nach nur zwei Jahren wieder aufgab.
Ich muss gestehen, zur Zeit kann ich mir nur schwer vorstellen, dass Biertrinker in großer Zahl der Papp- gegenüber einer Glasflasche den Vorzug geben würden. Glas gilt aus lebensmittelhygienischer Sicht als die beste Verpackung, hält kohlensäurehaltige Getränke am längsten frisch – und bietet dieses angenehm kühle und geschmacksneutrale Gefühl an den Lippen, dem bislang noch kein anderer Verpackungsstoff gleichkommt.
Bier wird aber auch in Dosen und Plastikflaschen verkauft – in diesem Markt-Segment sehe ich größere Chancen für die Green Fiber Bottle. Gleichzeitig wäre hier auch der Nachhaltigkeits-Effekt am größten, denn Dosen und Einweg-Plastikflaschen schneiden in der Ökobilanz von Getränkeverpackungen besonders schlecht ab.
Was denken Sie – stoßen wir beim Biertrinken demnächst mit Pappflaschen an?
Roland Heintze
www.reputationsprofis.de
Derweil: Mediengau-Autor Jörg Forthmann ist heute auch auf dem Bank-Blog unterwegs und beschäftigt sich dort mit den Karrierechancen in deutschen Banken – lesenswert!